Christine
Brauns Figurenensembles zeichnen mit chirurgischer Präzision
ein Bild von männlichen Verhaltensweisen - selbstverständlich
mit einem genüsslichen Augenzwinkern.
Mit
detektivischem Gespür beobachtet Christine Braun, nimmt wie
ein Sozialisationsforscher die leisesten Zwischentöne und Färbungen
männlichen Verhaltens und Interaktionen wahr, um sie in comic-artigen
Plastiken zum Ausdruck zu bringen.
Die
selbst gestellten Fragen nach dem warum, geben einem beinahe meditativen
Schöpfungsprozess Anlass, sich auf den Weg zu machen, um eine
Figur, im Material und beim Schaffen, zu finden.
Interessanter
Weise ist auch das Material in Bezug zur Beobachtung gesetzt. Nicht,
dass alle Papiertiger sind, aber die optisch schweren Figuren sind
bei näherem Betrachten aus leichter Papiermasse erstellt und
suggerieren dem Betrachter nur eine scheinbare Ge-Wichtigkeit.
Auffallend
ist, dass Christine Brauns Plastiken Gruppenarrangements darstellen,
aber das gezeigte Individuum isoliert ist und nicht mit seinen Gruppenmitgliedern
interagiert.
Vielmehr
agiert die Gesamtgruppe mit dem Betrachter, was in dieser Intensität
zuweilen befremdet oder bedrohlich wirken kann oder zumindest eine
Verunsicherung nach sich ziehen kann - sowie auch hemmungslos vergnügliches
Lachen, ganz wie der Betrachter den von Christine Braun gewählten
Arbeitstitel für sich interpretiert und mit selbst getroffenen
Erfahrungen in Beziehung setzt.
Christine
Braun scheint mit ihrer künstlerischen Wahl der Darstellung
und der Entscheidung die direkte Konfrontation mit dem Betrachter
suchen, eine Essenz männlichen Verhaltenskodeces zu entschlüsseln,
die die oben genannten Reaktionen auslösen können.
Dabei
geht es der Künstlerin weniger um die emanzipatorische Sicht
der Männergesellschaft als solche, als vielmehr um einen individuellen
Verstehensprozess von geschlechtsspezifischen Verhalten, das mit
der Verarbeitung im Werk eine Übersetzung erfährt.
Christine
Brauns Plastiken haben eine klare Formensprache, die sich willentlich
von klassischen Parametern der männlichen Darstellung der Kunstgeschichte
distanziert. Christine Braun wählt zwar die Büste oder
das Standbild, als Darstellungsform, doch sie zeigt damit nicht
das Ideal. Ihre Figuren sind zwar allesamt Akte, doch ihre Darstellung
kleiderloser nackter, älterer Männer zeigen keine erotischen
Bezüge, wenngleich die Sexualität als Interpretationsebene
angeboten wird.
Status,
Macht und Selbstbild sind Stichworte, die einen Zugang zur Bildsprache
Christine Brauns Werken ermöglichen - Augenzwinkern, nicht
eingestandene Hilflosigkeit und Komik allerdings auch.
Christine
Braun verarbeitet ihre individuellen Erfahrungen und Beobachtungen
und hinterlässt dem Betrachter eine Interpretationsmatrix anhand
der er mittels Motiv und Titel einen eigenen Zugang findet, den
die Künstlerin ganz bewusst nicht beeinflussen möchte.
Uwe
Becker
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